Walter Cronkite. Foto: LIFE, Walter Bennett.

Da sind wir, uns wir fühlen uns wichtig. Für einen Moment vergessen wir unsere Sterblichkeit, weil wir eine Aufgabe erfüllen. Die Aufgabe ist ein Vergessmittel, eine Droge. Vielleicht überlebt es uns sogar, das, was wir im Dienst der Aufgabe getan haben? Wir halten uns fest an Mikrofonen und Kameras, Dingen die Spuren von dem festhalten, was unbedingt verschwinden wird: wir. Verbrannt, verscharrt, vergessen. Wer erinnert sich noch an den Bäcker Joe Kowalski, der in der 13., Ecke Union Square in New York von 1902 bis 1943 die besten Bagles der Stadt machte? Wer erinnert sich an seine Frau Aneta, die die Sonne aufgehen ließ, wann immer sie das Ladenlokal betrat? Und an all die Kunden, die Aneta und Joe als das größte Traumpaar aller Zeiten feierten? Wer erinnert sich an ihre rauchige Stimme und ihr unwiderstehliches Lächeln? Wer erinnert sich an Joes chaotisches Wesen, den Wirrkopf der nur dann voll konzentriert schien, wenn er seine Bagles ins Honigwasser tauchte? Niemand. Kein Wunder, denn ich hab’ ihn gerade erfunden. Oder nicht? Sehen Sie.

Wem bedeutet es hierzulande etwas, dass in Amerika gerade Walter Cronkite gestorben ist, der Mann auf dem Foto da oben? Walter Cronkite, der Hajo Friedrichs der USA. Wer war Hajo Friedrichs? Sehen Sie. Walter Cronkite. Hinter seinem Mikrofon mit dem Telefon am Ohr sieht er so aus, als lebe er im festen Gefühl (und er gibt es an uns weiter), alles würde immer so weitergehen, als würde alles immer existieren, so wie er und seine Aufgabe: „to hold up the mirror – to tell and show the public what has happened“. Dabei ist nichts für ewig und es kommt für alle der Tag, an dem sie nur noch ein Katzenleben haben oder weniger. Ob wir Bagles backen, die Liebe unseres Lebens finden, ob wir den Flugschein machen, um in ein Haus zu fliegen oder ob wir über all dies berichten.

Das Mikrofon ist nicht wichtig.

Wichtig sind die Menschen, die unsere Hand halten, bis wir wieder verschwinden. Die sind auch da, wenn wir das Mikrofon nicht mehr halten können. Und werden wie wir, aber was können wir schon dagegen tun, vergessen von einer Spezies, die nicht mal so einen Kleinkram wie Ewigkeit oder die Unendlichkeit des Universums begreift. Wie Walter Cronkite immer sagte: „And that’s the way it is”.

Weiter mit Musik.

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