Es muss einmal ernst werden

Es sind schwierige Zeiten, von Liebe zu reden. Lachend sagte Marius Müller Westernhagen, auf die Liebe seines Lebens angesprochen: „Ich sag da nichts zu. Ich habe solches Glück, wenn ich davon rede, kotzen die Leute.“

Wir sind Gefühle an der Grenze zum Pathos nicht mehr gewohnt, so wie – nachvollziehbarerweise – die Vorstellung schmerzhaft ist, dass Harald Schmidt den Germont singt. Oder nehmen wir den “sie-kriegen-sich”-Monlolog aus Wim Wenders “Himmel über Berlin”… Ein Monolog wie aus einer Oper. Endlich, nach zwei Filmstunden, finden sie sich und man erwartet, dass sie sich küssen – aber nein, erst muss noch eine Runde nicht gesungen, nein, aber geredet werden.

Ja, der Monolog ist artifiziell, aber, hey, das Drehbuch ist von Peter Handke. Darum haben wir hier einen Text, der als Text besteht, aber als Dialog kläglich versagt. Die (viel zu früh verstorbene) Solveig Dommartin versucht, obwohl sie sich mit dem Deutschen so schwer tut – ihrem damaligen Geliebten Wim Wenders, dem Regisseur des Films, hörig – ihr Bestes: sie versucht, den Text in den Dialog zu retten. Sie scheitert kläglich, ironischerweise genau indem sie ihm die interpretatorische Tiefe gibt, die er braucht – die aber für einen Filmdialog völlig untauglich ist. Wie erlöst waren die Kinobesucher vor über zwanzig Jahren, als sich der auf eigenen Wunsch gefallene Engel und die Trapezkünstlerin nach so vielen Worten endlich küssten. Es versöhnte, indem wir es sahen, als sähen wir eine Oper.

Wie schade darum, dass er so pathetisch formuliert wird oder schade, dass sich heute keine Sau mehr auf ihn einlassen kann, denn der Gedanke, den Wenders in den Achtzigern mit dem „Himmel über Berlin“ operesk in die Kinosäle ergoss, ist schön: „Das Bild, das wir gezeugt haben, wird das Begleitbild meines Sterbens sein. Ich werde darin gelebt haben. Erst das Staunen über uns zwei hat mich zum Menschen gemacht.“