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Das digitale Universum reduziert Wissen zur Information. Wer erinnert sich noch daran, dass sich Wissen zur Information verhält wie Kunst zu Kitsch, dass eine Information die wertloseste, weil äußerlichste Form des Wissens ist? Ein großer jüdischer Denker des frühen Mittelalters fragte sich, warum Gott uns nicht einfach die Wahrheit sagte, wenn er wollte, dass wir die Wahrheit wissen. Die Antwort: Wenn man uns bloß sagen würde, was wir wissen müssen, wüssten wir es streng genommen nicht. Wissen erwirbt man nur über die Zeit und mit Methode. Und die Geräte, die wir wie Süchtige in unseren Händen tragen, verformen unseren Geist: Sie bringen eine unvorstellbare Menge von Zahlen hervor und unterwerfen unseren Geist unter eine Kultur der Daten, einem Datenkult, in dem jede menschliche Regung und Handlung messbar wird, in der Glück ein Thema für die Ökonomen ist, in der die Leiden des menschlichen Herzens in mathematischen Formeln ausgedrückt werden und uns nur noch eine Illusion von Wahrheit, Klarheit und eigener Verfügungsmacht bleiben.Leon Wieseltier, The New Republic, aus der Rede an die Absolventen der Brandeis University, Waltham, Massachusetts

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